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Reso LMV 2016 „INTEGREAT – Teilhabe für alle ermöglichen“
So, 3.4.16

Reso LMV 2016 „INTEGREAT – Teilhabe für alle ermöglichen“

BESCHLUSS DER LANDESMITGLIEDERVERSAMMLUNG 03. APRIL. 2016

INTEGREAT – Teilhabe für alle ermöglichen

Im Jahr 2015 wurden knapp 100.000 Asylanträge in Baden-Württemberg gestellt; ein deutlicher Anstieg, vor allem im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren. Dazu kommt auch die innerdeutsche und innereuropäische Migration, die zum Teil Baden-Württemberg als Ziel hat. Es hat sich etwas verändert im Ländle, es wird geholfen, Ankommende werden mit dem Nötigsten versorgt, gleichzeitig sprechen viele von Überforderung, von Kriminalität, von Abschiebungen, von Obergrenzen.

Doch 2015 ist vorbei und wir müssen den Blick vorwärts wenden, aufhören, über vergangene Fehler seitens der Behörden und der Gesellschaft zu diskutieren und zukunftsgerichtete Konzepte entwickeln, um Menschen, die zu uns kommen, zu integrieren, denn sie sind eine Chance für uns. Doch das bedeutet auch, ihnen eine Perspektive zu geben, eine Perspektive im Ländle.

Gelungene Integration verspricht beidseitigen Gewinn; wir wollen deshalb Migrant*innen die Möglichkeit eröffnen, nicht nur hier in Frieden und Sicherheit zu leben, sondern auch aktive Mitbürger*innen zu werden, die für ihre Interessen ebenso wie für die Gesamtgesellschaft einstehen.

Integration kann aber nur erfolgreich gelingen, wenn sie ebenso gefördert, wie auch angenommen wird. Dabei dürfen wir nicht verkennen, dass erfolgreiche Integration auch von den Migrant*innen viel abverlangt, denn innerhalb kürzester Zeit eine fremde Sprache und auch andere Werte und gesellschaftliche Konventionen kennen zu lernen, ist eine Herausforderung.

Das Grundgesetz ist ein wertegeleitetes Regelwerk, das keine „Leitkultur“ postuliert, sondern den Respekt und die Vielfalt allen Kulturen und Menschen gegenüber zum Grundsatz erhebt und dieser Grundsatz fordert auch alle gleichermaßen, Einheimische ebenso wie Alt- und Neuzugezogene. Erfolgreiche Integration bedeutet deshalb keinesfalls, die eigene Kultur aufzugeben, sondern vielmehr die Toleranz und Akzeptanz von Verschiedenheit zu leben.

Denn nicht die Bibel, der Koran oder die Straßenverkehrsordnung bestimmen, wie wir in unserer Gesellschaft zusammenleben, sondern einzig und allein das Grundgesetz.

Integration betrifft alle Bereiche des Lebens, von Sprache, über Bildung, Wohnen und Arbeit bis zur Einbürgerung und gesellschaftlichen Teilhabe ebenso wie politischem Engagement.

Damit dass gelingen kann, müssen mancherorts noch bürokratische Hindernisse abgebaut, Vorurteile entkräftet und Begegnungen ermöglicht werden, denn nur dann können Migrant*innen sich selbstständig für ihren Weg in unserer Gesellschaft entscheiden.

Manch andere reden an dieser Stelle nun von Integrationspflicht, davon, dass alle zu Hause deutsch sprechen sollten, oder machen mit Forderungen nach Obergrenzen und Tageskontingenten Stimmung gegen Migrant*innen.

Wir fordern aber, den Menschen die Freiheit zu geben, sich selbst dafür zu entscheiden, wie sie Teil unserer Gesellschaft werden wollen, statt sie mit unsinnigen Pflichten, deren Einhaltung kaum überprüft werden kann, zu bevormunden. Umfassende und gute Angebote halten wir deshalb für deutlich erfolgversprechender als Drohungen und Zwänge.

Wir sehen mit Sorge, dass die aktuelle politische Debatte zu einer Stigmatisierung von Migrant*innen beiträgt, und deshalb die Akzeptanz in der Mehrheitsbevölkerung Eingewanderten gegenüber sinkt. Das wiederum setzt einen Teufelskreis aus Ablehnung einerseits und Integrationsverweigerung andererseits in Gange. Diese destruktive Haltung müssen wir durchbrechen und die politische Debatte versachlichen.

Wenn wir uns Migrant*innen als Teil unserer Gesellschaft wünschen, müssen wir uns ihnen gegenüber öffnen, statt sie pauschal zu verurteilen. Dazu gehört auch, Eingewanderte nicht als potentielle Kriminelle zu brandmarken, die ihr Gastrecht verwirkt hätten, denn tatsächlich kommt Kriminalität unter Migrant*innen prozentual nicht häufiger vor als im übrigen Teil der Gesellschaft. Straffällig gewordene Migrant*innen sind im Übrigen ebenso wie straffällig gewordene Deutsche ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft und nicht Anlass für Pauschalisierungen und das Schüren von Ängsten.

Zuwanderung ist gerade angesichts des demographischen Wandels und zunehmend unbesetzter Ausbildungsstellen nicht nur wichtig für Baden-Württemberg, sondern auch eine Chance für unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben. Genau deshalb müssen auch wir den Menschen, die zu uns kommen ermöglichen, ihre eigenen Chancen zu nutzen und ihren eigenen Weg zu finden.
Integration von Beginn an ermöglichen

Viele der Menschen, die nach Baden-Württemberg gekommen sind, werden längerfristig hier bleiben, deshalb ist der Zeitpunkt gekommen, nicht nur über die notwendige, momentane Versorgung nachzudenken, sondern den Blick in die Zukunft zu richten. Um dafür zu sorgen, dass Migrant*innen Hoffnung und Perspektiven haben, müssen wir jetzt handeln, um ihnen und auch ihren Kindern die Integration zu ermöglichen.

Aktuell versuchen die Helfer*innen in den Geflüchtetenunterkünften vor allem, die Lage vor Ort zu verbessern. Doch es sollte nicht nur die Versorgungslage der Geflüchteten, sondern auch ihre Integration in den Blick genommen werden. Integration sollte schon mit der Unterbringung von Geflüchteten in Erstaufnahmeeinrichtungen beginnen, denn je eher der Prozess der Aufnahme in die Gesellschaft beginnt, desto geringer ist die Gefahr des Abrutschens in Parallelgesellschaften.

– Um Geflüchteten die Unsicherheit bezüglich ihrer Zukunft zu nehmen und die Unterbringung und weitere Integration außerhalb der Landeserstaufnahmestellen zu ermöglichen, fordern wir, den Worten Taten folgen zu lassen und die Asylverfahren zu beschleunigen.

– Momentan müssen Geflüchtete einen Antrag stellen, wenn sie eine medizinische oder therapeutische Behandlung benötigen. Dabei wird die Entscheidung, ob eine Behandlung notwendig ist, auch von Personen gefällt, die keine medizinische oder psychotherapeutische Ausbildung haben. Damit die gesundheitliche Versorgung der Geflüchteten unbürokratisch und vorurteilsfrei vonstatten geht, ist die zügige Einführung der Gesundheitskarte notwendig

– Die von einigen Parteien immer wieder vehement geforderte Einführung des Sachleistungsprinzips bei der Flüchtlingsversorgung, bedeutet nicht nur die Entmündigung der Betroffenen, sondern auch einen immensen bürokratischen Aufwand. Die in Baden-Württemberg anvisierte Umstellung auf eine elektronische Geldkarte setzt diesem Populismus ein kluges Konzept entgegen, das Vereinfachungen vor Ort ebenso, wie die Freiheit der Geflüchteten sichert. Zudem müssen Geflüchtete neben den bereits bestehenden Dokumenten möglichst schnell eine Art Ausweis bekommen, der ihnen beispielsweise die Nutzung von Zigarettenautomaten ermöglicht.

– Sprache ist eine zwingende Voraussetzung für Integration. Solange Geflüchtete länger in Erstaufnahmeeinrichtung verbleiben müssen, weil die Asylverfahren sich immer noch über Monate hinziehen, müssen bereits dort Sprachkurse angeboten werden.

– Viele Geflüchtete haben sowohl in ihrer Heimat, die sie verlassen mussten, als auch auf ihrem Weg nach Baden-Württemberg Unfassbares erlebt und sind traumatisiert. Eine Behandlung dieser Traumafolgestörungen durch Therapeut*innen ist dringend notwendig, um Geflüchteten ein normales Leben zu ermöglichen.

– Auf die Flucht vor Gewalt in beispielsweise Bürgerkriegsländern folgt für viele Geflüchtete eine Ankunft in einem Land, in dem sich immer mehr politisch motivierte Gewalttaten gegen Geflüchtete richten. Wir fordern deshalb einen konsequenten Schutz der Unterkünfte.
Integration in Wohnraum

Für uns gelingt gute Integration durch guten und vor allem ausreichenden Wohnraum. Menschen dürfen nicht kaserniert untergebracht werden, denn so entsteht Wut und Frustration. Oftmals bleiben Geflüchtete über Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde, bevor sie weiter auf die Kommunen verteilt werden. Dies kann keine Lösung sein, Menschen auf kleinstem Raum mit oftmals unzureichenden Standards über einen so langen Zeitraum unterzubringen. Auch verhindert die späte Verteilung auf die Kommunen Integration massiv.

– Unterkünfte müssen zentral liegen, für alle gut erreichbar sein und Anschluss an die Zivilgesellschaft haben. Und vor allem müssen in den Unterkünften menschenwürdige Wohnbedingungen herrschen.

In den letzten Jahren wurde Wohnraum zunehmend privatisiert, die Kommunen verfügen kaum noch über eigenen Wohnraum. Auch die Erstaufnahmeeinrichtungen sind oftmals nicht in öffentlicher Hand. Dies führt dazu, dass private Betreiber*innen von Geflüchtetenunterkünften durch den Mangel der Kommunen an eigenem Wohnraumzu hohe Gelder verlangen können oder die Kommunen für viel Geld die Gebäude zurückkaufen müssen und es somit zu deutlichen Mehrkosten kommt.

Die öffentliche Hand hat den geförderten Wohnbau in den letzten Jahren und Jahrzehnten vernachlässigt, mit der Folge, dass schon lange bevor Menschen in großer Zahl zu uns geflüchtet sind, der Wohnungsmarkt vielerorts angespannt bis überhitzt war. Die Forderung, jetzt dringend in sozialen Wohnungsbau zu investieren, hat deshalb weniger mit den Geflüchteten und mehr mit den Fehlern der Vergangenheit zu tun.

– Der Bund und die Kommunen müssen die zunehmenden Privatisierungen von öffentlichem Wohnraum stoppen und die Wohnungsbauförderung deutlich ausbauen.

– Es müssen wieder mehr soziale Wohnungen geschaffen und deshalb mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau investiert werden.

– Es muss langfristig deutlich mehr Wohnraum geplant und geschaffen werden, der auch für einkommensschwache Menschen, zu denen auch Geflüchtete gehören können, bezahlbar ist.

– Auch leerstehender Wohnraum muss geöffnet und dem Wohnungsmarkt zugänglich gemacht werden. Es kann nicht sein, dass in Städten Wohnraum leer steht, der gerade nötigst gebraucht wird.

– Auf Gebieten, für welche ein Baurecht erworben wurde, sollte gebaut werden – deshalb darf eine Baustelle nicht selbstverschuldet länger als ein Jahr still stehen. Andernfalls soll eine angemessene Strafe gezahlt werden, um zu verhindern, dass dieser potenzielle Wohnraum der Gesellschaft vorenthalten wird.

– Es muss verstärkt an die Bevölkerung appelliert werden, dass Wohnungen auch an Geflüchtete vermietet werden. Ein kommunales Zweckentfremdungsverbot, welches ermöglicht Eigentümer unter Androhung eines Bußgeldes von bis 50.000€ zur Vermietung un- oder fehlgenutzten Wohnraums zu zwingen, kann Abhilfe schaffen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Geflüchtete ab ihrer Ankunft die Möglichkeit bekommen müssen, auch bei Verwandten und Bekannten unterzukommen, und nicht gezwungen werden, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Dies kann die Wohnsituation massiv entlasten und die Integration stärken. Die Situation, dass Geflüchtete nicht aus Erstaufnahmeeinrichtungen in private Wohnungen umziehen können, ist absurd.

– Menschen, die Flüchtlinge privat aufnehmen, müssen hierfür einen staatlichen Zuschuss erhalten, der bei der Unterbringung unterstützt, aber selbstverständlich nur, wenn diese Unterbringung menschenwürdig und nicht kommerziell betrieben wird.

– Auch müssen frühzeitig Wohnberechtigungsscheine ausgestellt werden können, damit Geflüchtete selbstständig auf Wohnungssuche gehen können. Eigeninitiative darf nicht weiter verboten werden, sondern muss gefördert und gestärkt werden.

Die Wohnraumpflicht, sollte sie eingeführt werden, um der Bildung von monoethnischen

Wohngebieten und damit Parallelgesellschaften entgegenzuwirken und die Unterbringung gleichmäßig auf Land- und Stadtkreise zu verteilen, darf nicht dazu führen, dass Migrant*innen in ihrer Arbeitssuche, dem Familienzusammenzug oder der Wahl des Ausbildungsplatzes beschränkt werden. Wir sehen dieses Instrument deshalb kritisch und fordern stattdessen

– gezielte Anreize für Kommunen mit bisher negativen Wanderungssaldo, sich um die Ansiedlung von Migrant*innen zu bemühen.
Integration in Sprache

Sprache ist einer der Hauptbestandteile der gelungenen Integration. Sie ermöglicht Zugang zum gesellschaftlichen Leben und zum Arbeitsmarkt. Für Asylsuchende und Geduldete besteht aktuell kein Anspruch auf einen Sprachkurs innerhalb des Sprachförderprogrammes des Bundes. Somit sind die betroffenen Menschen oftmals auf die Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen, was jedoch in Umfang und Professionalität oftmals nicht ausreichend ist.

Für uns kann Integration nur funktionieren, wenn möglichst früh Möglichkeiten geschaffen werden, die Sprache zu erlernen. Nach dem neuen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz dürfen nun Asylbewerber*innen mit einer „guten Bleibeperspektive“ schon im Verfahren an Sprachkursen teilnehmen. Eine „gute Bleibeperspektive“ ist laut Innenministerium nur dann gegeben, “wenn ein Asylbewerber aus einem Herkunftsland stammt, das eine Schutzquote von über 50 Prozent aufweist“. Somit sind jedoch immer noch tausende Menschen, u.a. aus Somalia, Afghanistan und Pakistan, von den Sprachförderprogrammen ausgeschlossen, denn deren Schutzquote liegt aktuell unter 50 Prozent. Diese Menschen werden davon ausgeschlossen, obwohl viele von ihnen voraussichtlich in Deutschland bleiben werden, und diese müssen bis zum Abschluss ihres Verfahrens auf Sprachkurse warten, was oftmals über einem Jahr dauert.

– Wir fordern deshalb eine Öffnung des Sprachförderprogrammes für alle Asylsuchenden, denn frühe Integration muss für alle ermöglicht werden.

– Menschen, die nach Deutschland kommen und keine Schriftsprache beherrschen, benötigen Alphabetisierungskurse, diese müssen ihnen schnell und unbürokratisch angeboten werden.
Integration in Bildung

Ein wichtiger Beitrag zur Integration ist die Integration in Bildung. In Deutschland gibt es viele offene Lehrstellen, diese stellen eine große Chance für die vor allem jungen Geflüchteten dar. Dennoch sind viel zu oft die Hürden für Geflüchtete, am deutschen Bildungssystem teilzuhaben, zu groß. Es gibt zahlreiche rechtliche Beschränkungen, die vor allem junge Menschen von Bildung fernhalten. Auch der Verbleib in Großunterkünften ist nicht hilfreich.

Bildung von Anfang an, also von Kindertagesstätten über Schulen bis zu Ausbildung und Studium sind der Garant für eine erfolgreiche Integration. Das gilt nicht minder für die Erwachsenenbildung.

– Im KiTa-Bereich müssen weitere Plätze geschaffen werden, weil in Großstädten teilweise jahrelange Anmeldelisten den Zugang für Geflüchtete einschränken.

– Spracherwerb gelingt je früher desto besser, deshalb müssen Kindertagesstätten genügend personelle und finanzielle Ressourcen für die Sprachförderung bekommen.

– Vieles, was an deutschen Schulen selbstverständliche ist, wie das gemeinsame Lernen aller Geschlechter oder die Ganztagesschule mit Mittagsverpflegung, bedürfen sensibler Aufklärungsarbeit bei den Eltern. Schulen sollten sich das bewusst machen und darauf eingehen.

– Nicht alle Kinder, die zu uns kommen, haben den gleichen Wissenstand wie ihre gleichaltrigen Klassenkamerad*innen. Vorbereitungsklassen und Alphabetisierungskurse sind deshalb unerlässlich, diese müssen daher personell besser ausgestattet werden und Barrieren wie zum Beispiel andere Ziffern berücksichtigt und abgebaut werden. Klar ist aber auch, dass die Schülerinnen und Schüler so bald wie möglich gemeinsam unterrichtet werden sollten, denn nur dann kann Integration gelingen.

– Welche weiterführende Schule für ein Kind die richtig ist, bestimmt dank GRÜN-rot heute die Familie und das ist auch gut so. Speziell für Geflüchtete muss deshalb Aufklärungsarbeit über das baden-württembergische Schulwesen und die Schulen vor Ort erfolgen, damit diese Entscheidung wirklich frei getroffen werden kann.

– Es müssen weiterhin strukturelle Maßnahmen zum systematischen Nachholen von Schulabschlüssen für Jugendliche unter 18 Jahren geschaffen werden. Ohne Schulabschluss kann niemand eine Ausbildung beginnen, deswegen muss sichergestellt werden, dass junge Menschen diese Chance bekommen.

– Nicht alle Jugendlichen im entsprechenden Alter können sofort eine Ausbildung beginnen, deshalb müssen spezielle Bildungsangebote geschaffen werden, um den reibungslosen Einstieg in die berufliche Ausbildung zu ermöglichen.

– Wichtig ist, dass Geflüchtete ab dem Zeitpunkt ihrer Einreise freien und gleichberechtigten Zugang zu allen Bildungseinrichtungen haben inklusive Ausbildung und Hochschule, wenn ihre Abschlüssen anerkannt werden.

– Der Hochschulzugang ist immer noch zu stark für Geflüchtete beschränkt. Oftmals können Geflüchtete auf der Flucht ihre Zeugnisse nicht mitnehmen. Viele Universitäten bieten zwar Gasthörerschaften an, diese ersetzen aber nicht ein ordentliches Hochschulstudium. Auch Wohnsitzauflagen und die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen sind praktische Probleme, die den Hochschulzugang behindern. Die Verwaltungsgebühren, die Hochschulen erheben sind oftmals viel zu hoch, als dass Geflüchtete dieses Angebot wahrnehmen könnten. Diese Probleme müssen angegangen und behoben werden.
Integration in Arbeit

Menschen eine Aufgabe, eine Arbeit, einen Job zu vermitteln ist einer der schnellsten und nachhaltigsten Wege zur Integration. Und der Großteil der Geflüchteten möchte arbeiten! Allerdings stehen oft drei Dinge im Weg: ein hoher bürokratischer Aufwand, geringe Deutschkenntnisse und geringe Qualifikationen bzw. keine nachweisbaren Qualifikationen.

Auch die meisten Unternehmer*innen sind sich einig: Der Zuzug von Geflüchteten kann eine große Chance sein, für unsere alternde Gesellschaft mit Fachkräftemangel und jährlich wachsenden Zahlen an unbesetzten Ausbildungsplätzen.

Viele Geflüchtete suchen laut der Agentur für Arbeit nach einer Arbeit auf dem sogenannten „Helfer*innenniveau“. In diesem Sektor gibt es aber schon eine große Konkurrenz durch andere un- und angelernte Arbeitssuchende, oft auch Langzeitarbeitslose. Dies muss jedoch nicht unbedingt mit einer geringen Qualifikation der Geflüchteten zusammenhängen, entscheidender sind häufig fehlende Sprachkenntnisse oder, dass die Nachweise über Qualifikation, wie zum Beispiel eine Ausbildung, fehlen. In manchen anderen Ländern erfolgen Qualifikationen rein informell also auch ohne Zeugnis am Ende der Ausbildungszeit.

– Wir fordern deshalb für die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen flexible, unbürokratische Wege, im Zweifel durch Anerkennungsprüfungen.

– Die Erfassung von Bildungsniveau und Berufsabschlüssen muss so früh wie möglich beginnen, am besten bei der Registrierung. Ergänzend müssen auch Angebote der beruflichen Beratung für Geflüchtete bereitgestellt werden. Dabei soll auch ein flexibler Berufs- und Ausbildungseinstieg ermöglicht werden. So sollen Geflüchtete, je nach Vorkenntnisse und Stand ihrer Ausbildung, auch in höhere Lehrjahre einsteigen können, um einen anerkannten Berufsabschluss zu erlangen.

– Geflüchtete sollen so früh wie möglich mit Berufsberatungen auf die Vorzüge einer Ausbildung aufmerksam gemacht werden, womit sie dann ein garantiertes Aufenthaltsrecht erhalten. Sie sollen sich ab ihrer Registrierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt bewerben können.

– Es darf für Geflüchtete keine Ausnahme beim Mindestlohn geben. Dieses dient nicht zuletzt ihrem eigenen Schutz, um nicht als Dumpinglohn-Konkurrenz wahrgenommen zu werden.

Um sich erfolgreich bewerben zu können, müssen sich Geflüchtete in Deutschland frei bewegen können. Die Chancen auf eine erfolgreiche Integration steigen außerdem erheblich, wenn sie nicht an einen zugewiesenen Wohnort gebunden sind.

– Die Residenzpflicht muss deshalb endgültig abgeschafft werden und keine Wohnraumpflicht darf dieses Ziel behindern.

Wir sprechen uns außerdem entschieden gegen die Vorrangprüfung in ihrer jetzigen Form aus: Bewerben sich Asylsuchende auf einen Job in Deutschland, so muss die Stelle zur Zeit vorrangig an deutsche Staatsbürger*innen vergeben werden. Außerdem wird geprüft, ob die*der Asylsuchende nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer*innen beschäftigt wird. Um Lohndumping zu verhindern, muss diese Gleichwertigkeitsprüfung unbedingt beibehalten werden. Die Prüfung des Vorrangs von deutschen Staatsbürger*innen ist allerdings diskriminierend und muss abgeschafft werden.
Integration in Gesellschaft

Integration ist mehr als nur die Vermittlung von Gesetzen und Regeln, Integration ist, wenn aus Zuwanderer*innen Bürger*innen geworden sind, denen die ganze Bandbreite der gesellschaftlicher Teilhabe offen steht und die diese auch wahrzunehmen und zu nutzen wissen.

Hier besteht in der ganzen Bundesrepublik, aber auch in Baden-Württemberg, großer Nachholbedarf. Denn die Realität ist: Es gibt hierzulande Paralellgesellschaften. Als GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg wollen wir dem aktiv entgegentreten, denn nur gemeinsam sind wir stark und nur gemeinsam sind wir eine starke Bürgergesellschaft, die Angriffe von rechts nicht zu fürchten braucht.

Einer der Schlüssel zur erfolgreichen Integration ist das ehrenamtliche Engagement.

Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass Zuwanderer*innen aus den meisten Ländern dieses bürgerschaftliche Engagement kaum kennen, da gerade totalitäre Staaten keine lebendige Bürgerschaft zulassen.

Es müssen deshalb Anreize gesetzt werden, sowohl für die Menschen, sich zu engagieren, als auch für Vereine und Organisationen, sie willkommen zu heißen.

– Das Land soll im Rahmen seiner Ehrenamtskampagne “Echt gut“ gezielte Mitgliederwerbung für mehr Menschen mit Migrationshintergrund in Vereinen umsetzen;

– Es muss mehr Werbung für das bislang zu unbekannte Bildungs- und Teilhabepaket gemacht werden, im Rahmen dessen die öffentliche Hand Vereinsbeiträge für Kinder von Geflüchteten übernimmt;

– In der Schule soll auch der Wert des ehramtlichen Engagements vermittelt werden samt dem Ziel, gesellschaftlich aktive Menschen auszubilden; das muss im Bildungsplan verankert werden;

– Blaulichtorganisationen müssen noch mehr und gezielter um Migrant*innen werben, sowohl an den Schulen als außerhalb und dafür von der öffentlichen Hand unterstützt werden;

– Sozial- und Wohlfahrtsverbände sollen zu einer verstärkten Kooperation mit den Schulen eingeladen werden, mit dem Ziel, Interesse für ein Engagement zu wecken;

– Die Elternarbeit muss ausgebaut werden, um über Angebote für die Kinder zu informieren und für sie zu werben.

Wir müssen außerdem zur Kenntnis nehmen, dass es viele Menschen gibt, die das deutsche Medienangebot wegen Sprach- und Kulturbarrieren nicht nutzen.

– Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sollen die Muttersprachen Geflüchteter in ihre Angebote mit einfließen lassen, um beim Erlernen der deutschen Sprache einen Beitrag zu leisten. Zugleich sollen Beiträge in Fremdsprachen Hürden senken, um das politische System und kulturelle Eigenheiten Deutschlands zu verstehen.

Auch politische Parteien sollen einen Integrationsbeitrag leisten.

– Wir wollen die Wahlgesetze so ändern, dass bei der Aufstellung von Kandidat*innen auch Mitglieder ohne die deutsche bzw. europäische Staatsbürgerschaft stimmberechtigt sind.

Baden-Württemberg soll sich im Bundesrat dafür einsetzen, mehrfache Staatsbürgerschaften haben zu dürfen, denn dass Menschen zum Teil viele Jahrzehnte hier leben und kein Wahlrecht haben, ist ein gewaltiges Integrationshindernis.

» INTEGREAT – Teilhabe für alle ermöglichen (PDF)