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#AUTOKORREKTUR – Was BWgt uns in Zukunft?
So, 5.11.17

#AUTOKORREKTUR – Was BWgt uns in Zukunft?

DIESER ANTRAG WURDE AM 05.11.2017 VON DER LANDESMITGLIEDERVERSAMMLUNG BESCHLOSSEN.

Die ersten Auswirkungen der Klimakrise spüren wir schon heute. In Deutschland
ist der Verkehr der einzige Sektor, in dem die Treibhausgasemissionen immer noch
auf dem Niveau von 1990 liegen. Daher ist klar: Mobilitätspolitik ist aktive
Klimapolitik. Sei es der Ausbau von Fahrradrouten oder des ÖPNV und öffentlichen
Fernverkehrs, ein kostenloser ÖPNV, eine Verkehrsreduktion,sowie ein
umweltschonender Güterverkehr, es gibt viele Ansatzpunkte unsere Zukunft zu
gestalten.

Als Grüne Jugend Baden-Württemberg fordern wir die Mobilitätswende jetzt! Wir
müssen weg vom motorisierten Individualverkehr, soziale und barrierefreie
Mobilitätskonzepte fördern und Verkehr und Mobilität für alle ermöglichen. Eine
Mobilitätswende bedeutet sich den Herausforderungen einer nachhaltigen Zukunft
zu stellen und den Klimawandel sowie das Pariser Klimaabkommen ernst zu nehmen.

Die Mobilität von morgen nicht der Industrie von gestern überlassen

Gerade Baden-Württemberg mit seiner dominanten Automobil- und Zulieferindustrie
muss in der Verkehrswende eine Vorreiterrolle übernehmen.

Die Auswirkungen des massenhaften motorisierten Individualverkehr sehen wir in
Baden-Württemberg jeden Tag. Unsere Straßen sind voll, die Lärm- und
Gesundheitsbelastung durch Abgase in den Städten ist nicht mehr auszuhalten und
bedroht Gesundheit und Leben. Hier muss endlich gehandelt werden. Die Menschen
in den Städten haben ein Recht auf einen Lebensraum ohne Gesundheitsbelastung
durch Lärm und Abgase.

Fahrverbote sind eine kurzfristige Maßnahme, die Luft- und Lebensqualität in den
Städten wieder herzustellen. Doch mittel- und langfristig muss die
Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen, effektive Möglichkeiten entwickeln,
um die Verkehrsbelastung der Städte zu reduzieren und dem Umstieg auf den ÖPNV
zu forcieren. Eine Nahverkehrsabgabe ist in diesem Zusammenhang unbedingt
notwendig. Kommunen müssen in die Lage versetzt werden flächendeckend Tempo 30
Zonen einrichten zu können, um die akute Verkehrsbelastung einzudämmen.
Langfristig muss sich grundlegend die Stadtplanung ändern, weg von der Autostadt
hin zu einem Lebensraum Stadt. Dieser setzt die Bedürfnisse von Anwohner*innen,
Radfahrer*innen, Fußgänger*innen vor die von Autofahrer*innen und schafft
sinnvolle ÖPNV Konzepte in der Stadtplanung. Dem soll beispielsweise durch den
Wegfall des Stellplatzgebotes in der Landesbauordnung Rechnung getragen werden.

Für uns ist klar, in der Stadt der Zukunft muss es verkehrsberuhigte Stadtteile
geben, die kurze Wege ermöglichen und mit einem gut ausgebauten ÖPNV miteinander
verknüpft sind.

Um dies zu erreichen halten wir die Einrichtung von Superblocks für eine
sinnvolle Maßnahme. Dabei werden verkehrsberuhigte Bereiche geschaffen, die sich
nicht nur auf einzelne Straßen beziehen, sondern auf ganze Wohnblöcke und
Stadtbezirke. Somit sinken Lärm- und Abgasbelastung und der Lebensraum Stadt
gewinnt deutlich an Qualität. Auch eine wohnortnahe Versorgung trägt dazu bei
Verkehr zu vermeiden.

Einen großen Anteil an der Umweltbelastung in der Stadt haben LKWs, die Waren
direkt in die Stadt liefern. Somit muss sich auch der Warenverkehr in der Stadt
verändern. Dafür erforderlich sind verpflichtende City-Logistik-Konzepte, die
eine emmissionsfreie und verkehrsvermeidende Warenlieferung sicherstellen.

Zusätzlich zum Güterverkehr auf der Schiene ist eine Instandhaltung der für die
Binnenschiffahrt notwendigen Infrastruktur notwendig. Dies ist eine weitere
Maßnahme den Güterverkehr auf der Straße zu reduzieren.

Der Dieselskandal hat gezeigt, dass die Automobilindustrie strengere Kontrollen
und Regularien benötigt. Hier muss die Politik klare Rahmenbedingungen schaffen.

Die Zeit des Verbrennungsmotors ist abgelaufen. Die Grüne Jugend Baden-
Württemberg fordert ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zuzulassen, um das
fossile Zeitalter endlich zu beenden. Dennoch ist eine 1:1 Ersetzung der
fossilen Fahrzeuge durch abgasfreie Autos keine Lösung. Denn weniger Autos sind
besser als mehr. Zwar wird es auch in Zukunft noch Autos geben, doch ihre
Nutzung wird sich verändern.

Hier gilt es, die Chancen von Carsharing, Digitalisierung und autonomen Fahren
heute schon zu erkennen und zu nutzen. Das Besitzen eines eigenen Autos darf
nicht mehr notwendig sein und unsere Infrastruktur muss sich dahingehend ändern,
dass das nicht geteilte Auto zur Ausnahme wird. Eine Möglichkeit dies zu
erreichen ist es möglichst flächendeckend öffentliche Parkplätze für Carsharing
zu reservieren. Dadurch wird Carsharing für die Nutzer*innen und Anbieter
attraktiver.

Gleichzeitig muss immer wieder überprüft werden, ob die Veränderungen durch
Carsharing und autonomes Fahren auch sinnvoll sind. Wir hinterfragen, ob
Charsharingangebote von Automobilherstellern unser Ziel teilen, private
Fahrzeuge zu ersetzen. Preismodelle von Carsharingdiensten dürfen nicht dazu
anregen, typische Fuß- und Fahrradstrecken mit dem Auto zurückzulegen. Unter
falschen Voraussetzungen führen autonome Fahrzeuge zu mehr Autos und mehr
fließendem Verkehr. Hier gilt es Antworten zu finden.

Mittelfristig stehen keine Lösungen zur Verfügung wie der Flugverkehr seinen
Beitrag zur CO2 Reduktion beitragen kann. Deswegen ist es erforderlich sich auf
notwendige Langstreckenflüge zu konzentrieren. Die Flughäfen Baden-
Baden/Karlsruhe und Friedrichshafen erwirtschaften seit Jahren rote Zahlen.
Beide gehören zu großen Teilen dem Land Baden-Württemberg und entsprechenden
Kommunen. Damit diese indirkete klimaschädliche staatliche Subvention endlich
beendet wird sollten diese Flughäfen verkauft oder geschlossen werden.
Entsprechend muss natürlich eine bessere Anbindung an das Bahnnetz für die
entsprechenden Regionen vorangetrieben werden.

ÖPNV für alle

Eine nachhaltige Mobilität funktioniert nur mit einem attraktiven und
zukunftsfähigen ÖPNV, der intelligent im Mobilitätsmix verknüpft ist. Die Bahn
muss zu einer attraktiven Alternative werden, zuverlässig und reibungslos
funktionieren und für alle Menschen erschwinglich sein.

Das Land muss massiv das Schienen- und Busnetz fördern und den Streckenausbau
voran treiben, dazu zählen wir auch innerstädtische Seilbahnen. Vor allem muss
in die schnelle Elektrifizierung der Bahnstrecken investiert werden und
Bahnstrecken zweigleisig ausgebaut werden. Um der stärkeren Belastung durch den
Personen- und Güterverkehr Stand zu halten, müssen bestehende Strecken
ertüchtigt und erweitert werden. Auch der Ausbau des Fernverkehrs darf nicht
vernachlässigt werden.

Bahnhöfe müssen vermehrt als Mobilitätsplattformen gedacht werden und
Möglichkeiten bieten, dass einfach in Busse oder zum Carsharing umgestiegen
werden kann.

Vor allem im ländlichen Raum, aber auch in Städten ist die Taktung des
Nahverkehrs nach wie vor noch nicht ausreichend. Deswegen muss eine echte
Mobilitätsgarantie eingeführt werden, die nicht nur Schadensersatzregelungen
beinhaltet, sondern eine durchgängige Verfügbarkeit von öffentlichem Nahverkehr
sicherstellt. Alle Verkehrsverbünde müssen in die Pflicht genommen werden, in
Haupt- und Nebenverlkehrszeiten auch im ländlichen Raum eine mindestens
stündliche Anbindung anzubieten. Auch in Schwachverkehrszeiten sollen im
ländlichen Raum wenigstens zweistündliche und in städtischen Gebieten wenigstens
stündliche Verkehre angeboten werdne. Eine gute Ergänzung können
Bürger*innenbusse darstellen. Denn nur durch eine gute Anbindung durch Bus und
Bahn wird der Umstieg vom Auto hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln attraktiv.

Aber auch auf dem Land setzen wir uns für kurze Wege ein. Durch die zunehmende
Zentralisierung verschwindet immer mehr Versorgungsinfrastruktur aus kleinen
Kommunen. Deswegen muss die Förderung einer solchen vor allem im ländlichen Raum
schnell vorangetrieben werden.

Die Digitalisierung bietet große Chancen im ländlichen Raum. Eine digitale, aber
auch analoge, Dorfplattform hilft auch im Bereich der Mobilität weiter, sei es
beim Bilden von Fahrgemeinschaften oder von privatem Carsharing.

Nach wie vor gibt es in Baden-Württemberg 22 Verkehrsverbünde im Land, die alle
eigene Tarife haben. Das macht die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln
teuer und unnötig kompliziert. Den Landestarif Baden-Württemberg sehen wir als
ersten Schritt hin zu einem einheitlichen Tarifsystem. Dies geht uns aber noch
nicht weit genug. Wir fordern einen landesweiten Tarif, der für 365€ im Jahr,
also für 1€ pro Tag die Nutzung des gesamten öffentlichen Personennahverkehrs in
Baden-Württemberg ermöglicht.

I want to ride my bicycle

Vor allem auf kurzen Strecken, aber auch auf längeren Strecken zwischen Städten,
ist das Fahrrad ein wichtiges Verkehrsmittel. Jedoch ist sowohl im städtischen
Raum, als auch auf Überlandstrecken, die Radinfrastruktur immer noch nicht
ausreichend vorhanden. Wir fordern deswegen den starken Ausbau von
Radschnellwegen zwischen Städten sowie den Ausbau von Radfernwegen.

In den Kommunen kann ein Umstieg vom motorisierten Individualverkehr hin zu
einer nachhaltigen und sozialen Mobilität nur durch die Einführung der
Fahrradstadt nach dem Prinzip Fahrrad vor Auto stattfinden. Die Einführung von
Fahrradstraßen in der Stadt muss erleichtert und der Radwegeausbau stark
vorangetrieben werden. Auch die Einführung eines Grünpfeils für Fahrräder im
Straßenverkehr erleichtert das Radfahren in der Stadt

Die Stadtplanung muss sich verändern. Fahrradwege und ausreichend Abstellplätze
müssen von vorne herein mitgedacht und gekennzeichnet werden und auch
Fahrradsharingkonzepte, vor allem für Lastenfahrräder, müssen geschaffen werden.

Weiterhin halten wir Kaufanreize für Fahrräder, insbesondere auch für E-Bikes
und Lastenräder, für eine sinnvolle Maßnahme den Umstieg aufs Fahrrad zu
erleichtern.

Mobilität für alle in BW

Die Mobilität der Zukunft ist barrierefrei. Auch Menschen mit Behinderung müssen
mobil sein und Bus und Bahn nutzen können. Vor allem in der Erreichbarkeit von
Bahnen und Bussen, sowie in der Bedienbarkeit von Automaten sehen wir hier noch
sehr viel Nachholbedarf. Hier fordern wir ein gemeinsames Strukturprogramm von
Land und Bund, das auch städtebauliche Maßnahmen im Bereich Mobilität mit
einbezieht.

Nutzen-Kosten-Indizes von Mobilitätskonzepten müssen zukünftig ökologische
Aspekte konsequent beinhalten. Es müssen dabei induzierte Kosten auf die
Gesellschaft, die durch Emissionen und andere Umwelteinflüsse entstehen oder
eingespart werden, berücksichtigt werden. Zusätzlich müssen bei sämtlichen
Maßnahmen die Life-Cycle-Costs von der Herstellung von Materialien über
Sanierungen bis zu Rückbau u.ä. betrachtet und in die Kosten-Nutzen-Analyse
einfließen.

Für ein zukunftsfähige Mobilität dürfen unterschiedlichen Verkehrsmittel nicht
mehr getrennt voneinander betrachtet werden. Wir müssen Mobilität als das
verstehen was sie ist, multimodal und den jeweiligen Voraussetzungen geschuldet.
Wir brauchen eine intelligente Verknüpfung von Verkehrsmittel, die effizient ist
und die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigt. Die zunehmende Digitalisierung
des Verkehrs bietet eine große Chance Effizienz und eine intelligente
Verkehrsführung zu ermöglichen. Smarter Verkehr muss endlich Wirklichkeit
werden.